6.2 Leitlinien für den Einsatz des berufsbezogenen Lernens als Teil eines integrierten Beratungsansatzes
Wie können Ihrer Meinung nach WBL-Erfahrungen in einem integrierten Beratungsansatz nützlich sein?
Dies ist die erste Frage, die Sie sich als Mentor:in stellen sollten, bevor Sie diese Art von Aktivität in einem integrierten Beratungsmodell vorschlagen, insbesondere wenn sie sich an stark benachteiligte junge Erwachsene richtet, die wieder in die Arbeitswelt oder das Berufsbildungssystem einsteigen müssen. Natürlich müssen Sie bedenken, dass Sie bei der Zielgruppe „Beyond NEET(D)s“ nicht alle Arten von bestehenden WBL-Aktivitäten nutzen können, da einige von ihnen in engerem Zusammenhang mit formalen Bildungsaktivitäten stehen, wie z. B. das Praktikum. Darüber hinaus gibt es einige wichtige Faktoren, die Sie berücksichtigen sollten, bevor Sie der Zielgruppe von Beyond NEET(D)s die Durchführung einer WBL-Aktivität anbieten.
Als erstes können wir die persönliche oder familiäre Situation des Mentees nennen. Sie kann eine wichtige Rolle bei der Erleichterung oder Einschränkung des Zugangs zu WBL-Möglichkeiten spielen. Bei der Planung von WBL-Erfahrungen müssen Sie alle anderen Verpflichtungen der Mentees berücksichtigen, einschließlich derer im Zusammenhang mit Kinderbetreuung, Gesundheit, sozialer Unterstützung oder familiärer Unterstützung. In einigen Fällen, häufig bei denjenigen, die ihre Ausbildung früh abgebrochen haben, können eine oder mehrere psychologische Barrieren für das Lernen bestehen (Angst vor dem Versagen, Angst vor der Verwendung neuer Hilfsmittel, Angst, beurteilt zu werden, usw.). In all diesen Fällen ist es wichtig, den Mentee zu beruhigen und ihm zu erklären, dass Sie ihm zusammen mit der/m Tutor:in im Unternehmen Unterstützung und Hilfe anbieten werden. Schließlich ist es nicht immer einfach, Unternehmen zu finden, die bereit sind, Lernmöglichkeiten anzubieten, wie z. B. die Aufnahme von Mentees in WBL-Erfahrungen. In diesem Fall ist es wichtig, die Vorteile für Unternehmen zu bestätigen, die sich aus der Förderung oder Bereitstellung von WBL ergeben, wie z. B. der Zugang zu neuen potenziellen Mitarbeiter:innen, die Verringerung von Qualifikationslücken usw. (weitere Fragen zu diesem Thema finden Sie in Unterkapitel 6.3).
Wie können Sie WBL im Rahmen eines integrierten Beratungsansatzes anbieten?
Damit Ihr Mentee von dieser Erfahrung profitieren kann, geben wir Ihnen einige Leitlinien an die Hand, die Sie für die erfolgreiche Durchführung des berufsbezogenen Lernens in einem integrierten Beratungsmodell beachten sollten. Eine effektive Planung ist ein Muss für ein erfolgreiches WBL und diese Leitlinien können Ihnen helfen!
- Ermitteln Sie die Akteur:innen, die Sie bei der Umsetzung der WBL-Erfahrung unterstützen sollen (Vertreter:innen von Arbeitgebern:innen und/oder Arbeitgeber:innenverbänden). Sie können eine Datenbank mit potenziellen Arbeitgeber:innen aufbauen, die bereit sind, mit Ihnen im Rahmen von berufsbezogenen Lernerfahrungen zusammenzuarbeiten.
- Sammeln Sie Informationen über die beruflichen Interessen Ihres Mentees.
- Wählen Sie auf der Grundlage der Interessen des Mentees das richtige Unternehmen für die Hospitation, das Praktikum, die Ausbildung oder eine andere Art von WBL aus. Die Suche und Einstellung von Arbeitgebern kann einige Zeit in Anspruch nehmen, daher ist ein frühzeitiger Beginn sehr ratsam (siehe Unterkapitel 6.3).
- Bereiten Sie das Gastunternehmen und Ihren Mentee auf das WBL vor.
- Bieten Sie Ihrem Mentee während des gesamten WBL Gelegenheiten, über die WBL-Erfahrung zu reflektieren und ihn zu unterstützen / zu motivieren (für weitere Informationen darüber, wie Sie Ihre Mentees motivieren können, lesen Sie bitte Unterkapitel 6.4).
- Holen Sie am Ende des WBL eine Bewertung sowohl von Ihrem Mentee als auch vom Gastunternehmen ein. Hierfür können Sie ein Standard-Bewertungsformular verwenden, das Sie im Voraus erstellen können.
Um Ihren jungen Mentee zu kennen und zu motivieren, z. B. welche Qualifikationen er bereits erworben hat und wozu er fähig ist, um eine Beziehung zu ihm aufzubauen und ihn besser zu unterstützen, ist es unerlässlich, geeignete Instrumente einzusetzen. Dies wird nützlich sein, um im Anschluss daran den am besten geeigneten Praktikumsplatz zu finden, vor allem wenn er/sie aus einem stark benachteiligten Umfeld kommt, wie unsere Zielgruppe.
Sie müssen auch ein Verständnis für die Behinderung des Mentees entwickeln und dafür, wie sich diese auf den Arbeitsplatz auswirken kann (im Falle von Mentees mit einer Behinderung). Ein Instrument, das Sie zu diesem Zweck verwenden können, ist das Ein-Seiten-Profil. Ein Ein-Seiten-Profil hält alle wichtigen Informationen über eine Person auf einem einzigen Blatt Papier unter drei Überschriften fest: Was die Leute an mir schätzen, was mir wichtig ist und wie man mich am besten unterstützt. Dieses Instrument hilft Mentor:innen, bessere Beziehungen aufzubauen, indem sie verstehen, was für die Person in ihrem Leben wichtig ist und wie sie dabei unterstützt wird, es zu leben. Da es regelmäßig aktualisiert wird, kann es von verschiedenen Diensten und Mitarbeiter:innen verwendet werden (es spiegelt immer die sich ändernden Umstände und Wünsche der Person wider). Wir empfehlen Ihnen, die Aktivität zu diesem Unterkapitel im Toolkit durchzuführen, um mit Ihren Mentees das Ein-Seiten-Profil zu verwenden. Wenn Sie die Stärken und Interessen Ihres Mentees verstanden haben und eine gute Beziehung zu ihm/ihr aufgebaut haben, können Sie Ihre/n Kund:in / Klient:in mit einem Unternehmen für die WBL-Möglichkeit zusammenbringen.
Jetzt ist es an der Zeit, den individuellen Lernplan (auch persönlicher Lernplan genannt) zu entwickeln, der die Festlegung von Lernzielen für WBL ermöglicht. Persönliche Lernpläne werden auch verwendet, um die Fortschritte der Mentees während und nach dem WBL zu verfolgen. Nach einem bestimmten Zeitraum treffen sich Mentor:in und Mentee und überarbeiten den Lernplan. Diese Fortschritte können auch im WBL-Tagebuch festgehalten werden (siehe Unterkapitel 6.4).
Wenn Sie einen persönlichen Lernplan für Ihren Mentee erstellen, müssen Sie sicherstellen, dass der Lernplan individuell ist und dass die Lernziele für Ihren Mentee sowohl realistisch als auch anspruchsvoll sind. Darüber hinaus müssen Sie sicherstellen, dass der Mentee weiß, was von ihm/ihr erwartet wird, bevor er/sie das WBL-Praktikum beginnt und wen er/sie um Hilfe bitten kann, wenn er/sie Schwierigkeiten hat.
Um Ihren Mentee bei der Definition seiner/ihrer Lernziele für die WBL-Erfahrung zu unterstützen, können Sie die SMART-Ziele verwenden. Nach dieser Methode ist jedes Ziel erreichbar, wenn es:
- Spezifisch (einfach, aussagekräftig)
- Messbar (sinnvoll, motivierend)
- Attraktiv (erreichbar)
- Realistisch (vernünftig, realistisch und ergebnisorientiert)
- Terminiert (zeitabhängig, zeitlich begrenzt, zeitlich/kostenmäßig begrenzt).
Wenn Sie mehr über die SMART-Ziele-Methode erfahren möchten, können Sie sich im Internet[1] darüber informieren. Wir sind sicher, dass Sie viele Informationen darüber finden können, wie Sie diese Technik mit Ihren Mentees anwenden können.
Vergessen Sie nicht, eine formale Lernvereinbarung zwischen Ihrer Organisation, dem Mentee und dem Unternehmen zu erstellen. In dieser Vereinbarung ist es wichtig, dass Sie die Pflichten und Verantwortlichkeiten aller am WBL-Prozess beteiligten Akteur:innen aufzeigen. Sie fügen der Vereinbarung den persönlichen Lernplan Ihres Mentees bei. Im Folgenden geben wir Ihnen einige Hinweise darauf, was Sie in die Vereinbarung für jeden am WBL beteiligten Akteur aufnehmen können:
Mentee:
- hält die Regeln des Praktikumsplatzes ein;
- hält sich an die gleichen Vorschriften, die auch für andere Arbeitnehmer:innen gelten.
Ihre Organisation:
- hilft bei der Umsetzung einer angemessenen berufsbezogenen Erfahrung auf der Grundlage der Ziele des Mentees / integrierten Beratungspfads;
- arbeitet mit der/m betrieblichen Tutor:in/Betreuer:in bei der Entwicklung eines Ausbildungsplans für den Mentee zusammen.
- besucht den Arbeitsplatz, um zu überprüfen, ob die Aufgaben des Mentees mit der Stellenbeschreibung übereinstimmen. Die/der Mentor:in beobachtet auch die Arbeitsbedingungen, hilft bei der Entwicklung progressiver Aktivitäten zum Aufbau von Fähigkeiten, beobachtet und bewertet die Fortschritte des Mentees und klärt Fragen, Probleme oder Bedenken.
Arbeitgeber:in / betriebliche/r Betreuer:in:
- Beaufsichtigung und Unterweisung in jeder der im Ausbildungsplan aufgeführten Aufgaben, um dem jungen Mentee beim Erwerb dieser Kompetenzen zu helfen;
- Bewertet und dokumentiert die Fortschritte des Mentees;
- eine Nichtdiskriminierungspolitik in Bezug auf Rasse, Hautfarbe, Behinderung, Geschlecht, Religion, nationale Herkunft oder Alter verfolgt (dies gilt insbesondere für Arbeitgeber:innen);
- Füllt die Praktikumsbewertung aus und schickt sie an Sie / Ihre Organisation[2].
Denken Sie daran, Ihren Mentees einige Informationen über Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz zu geben, bevor Ihr Mentee mit der arbeitsbezogenen Lernaktivität beginnt.
Schließlich sollten Sie vor (aber auch während) der WBL-Möglichkeit immer darauf vorbereitet sein, wie Sie mit Hindernissen umgehen können. Es ist wichtig, praktische Hindernisse vor Beginn eines Praktikums zu erkennen und zu wissen, wie man mit ihnen umgeht. Dies ist besonders wichtig im Hinblick auf die Zielgruppe der Jugendlichen, mit denen Sie arbeiten. Sie müssen sich also Gedanken darüber machen, wie Sie mit schwierigen Situationen umgehen, die im Verlauf des WBL auftreten, z. B. wie Sie mit unangemessenem Verhalten oder physischen Barrieren, z. B. technischen Geräten, umgehen.
Wir sind zuversichtlich, dass Sie nun alle erforderlichen Informationen haben, um ein effektives und erfolgreiches WBL für Ihre Mentees durchzuführen! Lassen Sie uns also zum nächsten Schritt übergehen!
Reflektierende Fragen an die Lesenden:
- Wie denken Sie, dass WBL-Erfahrungen in einem integrierten Beratungsansatz nützlich sind?
- Denken Sie an einen Ihrer Mentees. Welche undefinierten Fortschrittsfaktoren können Sie verwenden, um die Auswirkungen der WBL-Erfahrung auf ihn/sie zu messen?
- In diesem Unterkapitel haben wir Ihnen einige Einblicke in das Ein-Seiten-Profil gegeben. Welche Instrumente verwenden Sie in Ihrer Arbeit, um eine Beziehung aufzubauen und Ihren Mentee besser kennen zu lernen, bevor Sie eine WBL-Aktivität durchführen?
- Denken Sie an einen Ihrer Mentees, welche Hindernisse sehen Sie bei seinem/ihrem WBL? Wie würden Sie sie überwinden?
[1] Sie können sich zum Beispiel unter folgenden Links informieren https://www.mindtools.com/page6.html und https://www.smartsheet.com/blog/essential-guide-writing-smart-goals, abgefragt 10. December 2021
[2] Die Informationen sind angepasst worden von https://cdn.education.ne.gov/wp-content/uploads/2018/10/16-Training-Agreement.pdf, abgerufen am 3. November 2021