2.1 Ungünstige Kindheitserfahrungen (ACEs) und Trauma erklärt
Wie bereits erwähnt, wird der Begriff NEET definiert als „ein junger Mensch, der nicht erwerbstätig ist und keine Kurse (formale oder informelle Bildung oder irgendeine Art von Ausbildung) besucht“. Trotz dieser Definition von „NEETs“ handelt es sich um eine sehr heterogene Gruppe von Menschen, und der Begriff kann als sehr oberflächlich angesehen werden. Dazu gehören Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund, wie z. B. Schulabbrecher, Menschen mit Behinderungen, weibliche Nichterwerbspersonen, Alleinerziehende, Wirtschaftsmigranten und Flüchtlinge sowie arbeitslose junge Menschen. Es wurde festgestellt, dass die Mehrheit der NEETs Frauen sind. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass es an geeigneten Instrumenten für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf mangelt und dass sich Frauen deshalb für informelle Betreuungsaufgaben entscheiden.
Zu dieser Kategorie gehören Migrant:innen, Flüchtlinge und Asylbewerber:innen, die vor Kriegen, Terrorismus und widrigen Umständen geflohen sind. Auch Menschen, die inhaftiert waren und derzeit nach einem Weg in den Arbeitsmarkt suchen, können in diese Kategorie fallen. Diese Zielgruppen können aufgrund früherer Erfahrungen traumatisiert und psychisch instabil sein. Daher ist es wichtig, diesen Bedarf zu decken, indem Fachkräfte, die mit NEETs arbeiten, darin geschult werden, wie sie eine psychisch instabile Person erkennen und sie zur weiteren Unterstützung an eine Fachkraft weiterleiten können.
Dieses Modul soll eine solche Hilfe bieten. Es beginnt mit einer kurzen Beschreibung dessen, was ein Trauma ist, den Folgen für die Entwicklung unseres Gehirns, den verschiedenen Reaktionen auf ein traumatisches Erlebnis und bietet schließlich einige Informationen zur Resilienz.
Vor jeder Erklärung eines Traumas ist es wichtig zu betonen, dass diese Definition sehr stark von der Reaktion der Person auf die vermeintlich „traumatische“ Erfahrung abhängt.
Herman (1993) vertritt die Auffassung, dass „traumatische Reaktionen“ auftreten, wenn man eine extreme körperliche Verletzung, Schmerzen, Tod oder Schaden erlebt oder miterlebt, bei denen keine Vermeidung möglich erscheint.
Ein ähnliches Konzept wird in der vierten Ausgabe des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-IV; American Psychiatric Association, 1994) vorgestellt. Darin wird ein potenzieller traumatischer Stressor wie folgt definiert:
„Unmittelbares persönliches Erleben eines Ereignisses, das mit dem tatsächlichen oder drohenden Tod oder einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der eigenen Unversehrtheit einhergeht; oder Miterleben eines Ereignisses, das mit dem Tod, einer Verletzung oder einer Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit einer anderen Person einhergeht; oder Erfahren von einem unerwarteten oder gewaltsamen Tod, einer schweren Verletzung oder einer Bedrohung des Todes oder der Verletzung eines Familienmitglieds oder einer anderen nahestehenden Person (S. 424).“
Das Alter der Kindheit ist definiert als die Zeit von der Geburt bis zum Alter von 17 Jahren. In diesen Jahren kann es im Leben eines Kindes zu potenziell traumatischen Ereignissen kommen, die zu einem Trauma führen, das als unerwünschte Kindheitserfahrung (Adverse Childhood Experience, ACE) bezeichnet wird. Woran erkennt man jemanden, der ein ACE erlebt hat? Die CDC (Center for Disease Control and Prevention) definiert dies wie folgt:
Jemand, der zum Beispiel:
- einen Selbstmordversuch oder den Tod eines Familienmitglieds miterlebt hat
- Zeug:in von häuslicher oder gemeinschaftlicher Gewalt geworden ist
- Erfahrungen mit Mobbing, Missbrauch oder Vernachlässigung gemacht hat
- von einer elterlichen Trennung betroffen war oder ein Elternteil ins Gefängnis kam
Ein Kind, das ein solches Umfeld erlebt, wächst mit ungesunden oder fehlenden Konzepten von Sicherheit, Stabilität und Bindung auf, was im Erwachsenenalter zu chronischen Gesundheitsproblemen, psychischen Problemen und Drogenkonsum führen kann. ACEs sind jedoch vermeidbar, und wenn sie auftreten, gibt es Möglichkeiten, einzugreifen und das Ausmaß ihrer Auswirkungen zu begrenzen.
Hinweis: Die genannten Beispiele stellen keine vollständige Liste negativer Erfahrungen dar, es gibt noch viele weitere mögliche Auslöser für traumatische Erfahrungen, die das Wohlbefinden einer Person beeinträchtigen können.
Reflektierende Fragen an die Lesenden:
- Wie würden Sie nach der Lektüre dieses Artikels Freund:innen beim Kaffee den Begriff Trauma genau erklären?
- Inwieweit fühlen Sie sich in der Lage, jemandem in einer solchen Situation zu helfen?
- Haben Sie oder jemand, den Sie kennen, etwas wie ein traumatisches Erlebnis erlebt, mit dem Sie sich identifizieren können?