3.4 Aufbau eines unterstützenden sozialen Netzwerks für Ihren Mentee

3.4 Aufbau eines unterstützenden sozialen Netzwerks für Ihren Mentee

Wie bereits beschrieben, braucht es mehr als eine/n Mentor:in, um NEETs langfristig zu motivieren und zu unterstützen. Ein Netzwerk von Fachleuten kann hilfreich sein, um mit Problemen und Herausforderungen umzugehen, mit denen sie konfrontiert sind. Um die Mentees jedoch langfristig unterstützen zu können, ist es das Ziel, das berufliche Netzwerk zu verkleinern, um Empowerment zu erreichen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Umsetzung, die vom persönlichen Umfeld über Freiwilligenarbeit bis hin zu möglicher Peer-to-Peer-Beratung reichen. Es werden auch zwei methodische Ansätze zur Identifizierung und Stärkung des Netzwerks der Mentees vorgestellt. Voraussetzung für diese Arbeit ist die Kenntnis der lokalen Gegebenheiten über mögliche Projekte oder Initiativen sowie wirtschaftliche und institutionelle Kenntnisse.

Arbeit mit Freiwilligen- Beyond NEET(D)s und Sinbad Österreich

Der Coaching-Prozess über die Beyond NEET(D)s-Plattform bringt viele Vorteile für die Mentees. Zum Beispiel können Herausforderungen wie Ängste, Erreichbarkeit oder fehlende finanzielle Mittel für den Transport ausgeschlossen werden. Ein weiterer positiver Aspekt kann die anonyme Form des Coaching-Settings sein. Gerade für NEETs, die als schwer erreichbar gelten, kann sie einen einfachen Zugang zur Beratung und Unterstützung bieten.

Da die Plattform und ihre Funktionen in Kapitel 5 beschrieben werden, können die Mentor:innen ein tieferes Verständnis dafür entwickeln, wie dieser innovative Ansatz zur Unterstützung der gefährdeten Zielgruppe eingesetzt werden kann.

Kritisch anzumerken ist jedoch, dass dieses Setting auch Nachteile mit sich bringt. Diese wurden auch in der vorangegangenen Umfrage (IO1) identifiziert und sollten diskutiert werden. So wird beispielsweise der persönliche Kontakt als Erfolgsfaktor für einen nachhaltigen Coaching-Prozess gesehen. Auch ein Mangel an digitalen Fähigkeiten oder Ressourcen (Internet, Laptop) wird als mögliches Hindernis für die Nutzung der Plattform durch die Mentees gesehen. Jungen Menschen, die sich in diesem Online-Setting nicht wohl fühlen, sollte eine alternative Form der Beratung angeboten werden. In Österreich bietet Sinbad Österreich eine erfolgreiche und innovative Form der Beratung an. In Kombination mit Freiwilligen, die sich als MentorInnen zur Verfügung stellen, werden die Mentees auf einer persönlichen Ebene und fernab von hierarchischen Strukturen begleitet und unterstützt. Dies führt zu einem positiven und einfachen Zugang zu den Bedürfnissen der Zielgruppe. Aber auch wenn die Unterstützung durch Freiwillige erfolgt, ist die Initiative an ein professionelles Netzwerk gebunden und kann nicht als persönliches Netzwerk/Umfeld des Mentees bezeichnet werden.

Einrichtung eines Peer-to-Peer-Unterstützungssystems

Beratung im Peer-to-Peer-Modus hebt das Beratungssetting erneut auf eine innovative Ebene. Mit diesem Ansatz bewegt sich die Beratung ein Stück weit weg von Systemen wie Schule, Arbeitsmarkt oder Familie. Das Gespräch auf Augenhöhe hebt den hierarchischen Aspekt auf und ermöglicht so einen leichteren Beziehungsaufbau.

Darüber hinaus ist ein Peer ein Experte für das Handlungsfeld, d. h. für das Umfeld des Gesprächspartners. Wenn man die aktuellen Herausforderungen versteht und sich in die Lage des anderen hineinversetzen kann, ist es viel einfacher, realistische Ziele zu ermitteln[1].

Peer-to-Peer-Beratung kann als Orientierungs- und Entscheidungshilfe genutzt werden. Die Definition einer Lösung oder deren Erfolg liegt nicht in der Kompetenz des Peers. Daher ist eine Schulung oder Einweisung der beratenden Person unbedingt notwendig, wenn ein nachhaltiger und langfristiger Erfolg der Beratung gewünscht wird. Die Aufgaben und Ziele der Rolle sollten geklärt und reflektiert werden, bevor der Beratungsprozess beginnt.

Eine Kombination aus professioneller/m Mentor:in und peer-gestützter Beratung kann somit die Verbindung der beiden Ansätze darstellen und einerseits das Verstehen der Lebenssituation, andererseits aber auch die langfristige Unterstützung und Begleitung der Zielerreichung abdecken. Im Zuge der Entwicklung der Plattform Beyond NEET(D)s wurde dieser Aspekt nicht explizit integriert. Eine Überlegung zum möglichen Zugang zu Peers stellt eine mögliche Erweiterung und Ressource der Plattform dar.

Tools zur Unterstützung Ihres Mentee

Um die Vernetzung nachhaltig und effektiv in die Arbeit zu integrieren, muss auch das Umfeld des Mentees stärker berücksichtigt werden. Die Methoden Netzwerkkarte und Ressourcenkarte beziehen sich auf die Teilnehmenden und ihr persönliches Netzwerk und Lebensumfeld.

Die beiden Methoden sind einfach zu handhaben und flexibel in den Coaching-Prozess zu integrieren. Sie können in persönlichen Gesprächen eingesetzt werden, um an langfristigen Zielen zu arbeiten. Mittlerweile sind auch Online-Versionen möglich und machen die Umsetzung noch einfacher. Es ist wichtig, nach dem Ausfüllen der Arbeitsblätter ein persönliches Gespräch zu führen. Menschen als Ressourcen und mögliche Unterstützer zu verstehen, ist ein wichtiger Bestandteil der nachhaltigen Arbeit an den Zielen. Die Mentees müssen das Potenzial ihrer eigenen Ressourcen und Beziehungen verstehen, bevor sie diese in Zukunft nutzen können (siehe Pantucek-Eisenbacher P. 2019).

Netzwerkkarte:

Die Methode kann dazu verwendet werden, das Netzwerk der Person abzubilden[2]. Um langfristige Ziele oder nächste Schritte nach dem Training zu planen, kann es von Interesse sein, über das aktuelle Netzwerk des Mentees nachzudenken. Welche Personen sind Teil des Netzwerks? Liegt der Schwerpunkt auf privaten oder beruflichen Kontakten? Kennen die Teilnehmer ihr eigenes Netzwerk? Haben sie bereits über die Menschen in ihrem Umfeld reflektiert?

Wenn es um persönliche Herausforderungen geht, kann das Netzwerk als erster Anhaltspunkt genutzt werden. Dabei ist es wichtig, mögliche professionelle Unterstützungssysteme zu kennen und bei Bedarf auf diese hinweisen zu können. Eine mögliche Umsetzung ist diesem Kapitel als Anwendungsbeispiel beigefügt.


Netzwerkkarte (Jugend am Werk Stmk GmbH)

Ressourcenkarte:

Diese Methode konzentriert sich auf den Menschen selbst. Die Methode erlaubt einen tieferen Blick auf die Person und ihr Umfeld. Soziale Kontakte werden in Kombination mit anderen Ressourcen wie Geld, Ausrüstung oder Bildung dargestellt. Diese Bereiche können auch wesentlich sein, um weitere Ziele zu identifizieren oder zu bearbeiten.

Die Ressourcen können in 4 verschiedene Kategorien eingeteilt werden: Die persönlichen Ressourcen/Kompetenzen, die sozialen Ressourcen (Beziehungen), materielle Ressourcen und infrastrukturelle Ressourcen. Auch für diesen Ansatz ist ein Anwendungsbeispiel als Aktivität an dieses Kapitel angehängt.

 

Reflektierende Fragen an die Lesenden:

  1. Wo kann der Mentee Unterstützung für sein persönliches Umfeld finden?
  2. Über welche Ressourcen verfügt der Mentee, wenn er über zukünftige Ziele nachdenkt?
  3. Welche Beziehungen werden vom Mentee positiv und welche negativ assoziiert?

 

[1] siehe Westphal P., Stroot T., Lerche E. Wiethoff C. (2014)

[2] Praxisbeispiel: http://www.pfeffer.at/egonet/Hollstein%20Pfeffer.pdf