2.2 Die Gehirnentwicklung
Wie bereits erwähnt, kann es sich bei einigen NEETs tatsächlich um Menschen handeln, die in ihrem frühen Leben traumatische Erfahrungen gemacht haben (wie Flüchtlinge oder Asylbewerber:innen). Daher ist es für ihre bessere Integration in den Arbeitsmarkt wichtig, diese Instabilitäten anzugehen und ihnen bei der Arbeitssuche zu helfen.
Ein traumatisches Erlebnis kann zu schwerwiegenden psychischen Störungen wie der Posttraumatischen Belastungsstörung führen (American Psychiatric Association [APA], 1994). Aus der Literatur geht hervor, dass Frauen häufiger an einer PTBS erkranken als Männer, auch wenn sie häufiger von traumatischen Erfahrungen berichten (Kessler, Sonnega, Bromet, Hughes, & Nelson, 1995) (Christiansen & Hansen, 2015). Da die Mehrheit der NEETs Frauen sind, ist es wichtig, sich auf diese Variable zu konzentrieren, wenn man die Integration von NEETs in den Arbeitsmarkt untersucht.
Welche Auswirkungen hat also ein potenziell traumatisches Erlebnis auf die Entwicklung des frühen Gehirns?
Das Gehirn entwickelt sich in der Zeit von der Geburt bis zur Adoleszenz in einer Hierarchie (siehe Diagramm):
3. Denken, Planen, Hemmen und Lernen (kortikales Gehirn)
2. Bindung, Gefühle und Verhalten (limbisches Gehirn)
1. Motorischer und sensorischer Input (Hirnstamm/Mittelhirn)
Der primitivste Teil, der Bereich, der am frühesten entwickelt ist (der Hirnstamm), ist für unsere Sicherheit zuständig. Es ist der Teil des Gehirns, der es uns ermöglicht, vor Gefahren zu fliehen, um unser Leben zu kämpfen oder innerlich zu erstarren. Dieser Mechanismus wird aktiviert, wenn das Kind einer gefährlichen Umgebung ausgesetzt ist. In solchen Umgebungen ist der Hirnstamm ständig in höchster Alarmbereitschaft und sucht nach Sicherheit, indem er Gefahren verhindert.
Das Problem für traumatisierte Kinder besteht darin, dass sich das primitive Gehirn nicht abschalten lässt, wenn sie in eine sichere Umgebung wechseln. Das bedeutet, dass das Kind ständig im „Überlebensmodus“ bleibt; und normale alltägliche Ereignisse signalisieren seinem Gehirn Gefahr.
Solange sie hier feststecken, können sie keine sicheren Bindungen eingehen, ihre Emotionen oder ihr Verhalten nicht steuern (im limbischen Gehirn), nicht denken, lernen oder reflektieren (im kortikalen Gehirn), weil sie in einer Welt, die sie als höchst gefährlich empfinden, „ums Überleben kämpfen“. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Gehirne von Kindern von unten nach oben entwickeln und die höheren Gehirnregionen nicht richtig funktionieren, wenn die unteren Gehirnregionen blockiert sind. Dies kann sogar das akademische Lernen beeinträchtigen, das im kortikalen Gehirn stattfindet (Beacon House, 2017).
Studien zeigen, dass eine traumatisierte Person, wenn sie nicht behandelt wird, mit größerer Wahrscheinlichkeit zu gewalttätigem Verhalten als Lösung für ihre zukünftigen Konflikte neigt (Pomeroy, 1995). Eine spätere Studie unterstreicht diese Beziehung, indem sie behauptet, dass die Tatsache, Opfer eines Gewaltverbrechens geworden zu sein, einer der besten traumatischen Prädiktoren für Gewalt ist (Neller, Denney, Pietz, & Thomlinson, 2005). Die Beteiligung an diesen antisozialen Verhaltensweisen kann ein Hindernis für eine reibungslose soziale Integration darstellen, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt. Eine neuere Studie untersuchte die PTBS von Afghanistan- und Irak-Kriegsveteran:innen. Die Studie ergab, dass fast die Hälfte aller Veteran:innen in gewissem Maße in ihren intimen Beziehungen beeinträchtigt war und etwa ein Viertel über Beeinträchtigungen in ihrer beruflichen Tätigkeit berichtete. Dies deutet darauf hin, dass eine PTBS verschiedene Aspekte des Lebens beeinträchtigen kann, die nicht mit dem traumatischen Erlebnis zusammenhängen (Vogt et al., 2017).
Diese Ergebnisse verdeutlichen die Auswirkungen von Traumata auf die Alltagsroutinen, das persönliche Leben und die schulischen Leistungen. Daher ist es wichtig, Trauma zu beleuchten, wenn es um die Integration junger NEETs in die Arbeitswelt geht, da dies ein großes Hindernis für ihren beruflichen Erfolg sein kann.
Reflektierende Fragen an die Lesenden:
- Sind Sie jemals einem NEET begegnet, der möglicherweise eine traumatische Erfahrung gemacht hat?
- Wussten Sie, welche Auswirkungen ein traumatisches Erlebnis auf das Leben eines Menschen hat?
- Warum brauchen Menschen, die traumatische Erfahrungen gemacht haben, Hilfe?